In Zeiten von Künstlicher Intelligenz gewinnt die Arbeit von Bibliotheken an Bedeutung: Es geht um die kritische Prüfung dessen, was uns KI so verlockend lesbar präsentiert.
Lukas Tschopp
«Das habe ich mit ChatGPT gemacht» , sagt eine Studierende zu mir und meint damit eine Liste mit Referenzen. Was sagt mir das? Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) für die Generierung von Informationen ist längst studentische Alltagsrealität.
Dies unterstreicht eine Kernaufgabe von Bibliotheken, die durch die Omnipräsenz von KI besondere Aufmerksamkeit erhält: die Vermittlung von Kompetenz für die kritische Evaluation von Informationen. Unsere Arbeit gewinnt in Zeiten KI-generierter Inhalte so nochmals an Bedeutung. Eine Steilvorlage für Bibliotheken, sich als zentrale Akteure in der Informationslandschaft neu zu positionieren.
Kritische Prüfung als bibliothekarische Aufgabe
Generative KI präsentiert uns Wissen in einer verlockend lesbaren Verpackung. Doch wie bei jedem Geschenk gilt auch hier: Erst beim Auspacken zeigt sich, was tatsächlich drinsteckt. Und genau hier setzt unsere bibliothekarische Aufgabe an. Es geht um das sorgfältige Öffnen und die kritische Prüfung dessen, was sich hinter der makellosen Verpackung verbirgt.
Die Auseinandersetzung mit KI-generierten Texten beginnt für mich bei konkreten Beobachtungen aus der Praxis. Ein aufschlussreiches Beispiel: Die kostenlose Version von ChatGPT behauptet, dass die Pflegeinitiative abgelehnt worden sei, während die kostenpflichtige Version die tatsächlich erfolgte Annahme dieser Initiative erwähnt. Gleichzeitig gibt es Nutzende, die sich an ChatGPT wenden, um Auskunft über die Wechselwirkungen von Medikamenten zu erhalten.
Vielschichtige Diskussionen und neue Perspektiven
In meinem Unterricht nutze ich solche Beispiele, um gemeinsam mit den Teilnehmenden ins Gespräch zu kommen — sei es in curricularen Veranstaltungen, Beratungsgesprächen oder Coffee Lectures. Die Diskussionen sind oft vielschichtig: Wir hinterfragen zusammen, wer hinter den Aussagen steht, in welchem Kontext sie auftauchen und welche Interessen möglicherweise eine Rolle spielen. Diese gemeinsame Auseinandersetzung mit KI-generierten Texten eröffnet mir immer wieder neue Perspektiven.
Generative KI ist für mich ein willkommener Vorwand, um mit meinen Zielgruppen in einen Dialog zu treten. Ein Eisbrecher. In den Gesprächen über KI-generierte Texte geht es um mehr als technische Fragen. Es geht um den kritischen Umgang mit Informationen und das Verständnis von wissenschaftlichem Arbeiten — Themen, die mich als Bibliothekar bewegen.